Rente: Warum die Rentenlücke zwischen Frauen und Männern so groß ist
Nicht nur während ihrer Karriere verdienen Frauen weniger Geld als Männer. Im Ruhestand ist die Einkommenslücke noch größer – vor allem in Westdeutschland. Auch wegen sozialpolitischer Fehlanreize.
Alle 400 Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland haben eines gemeinsam: Die durchschnittliche gesetzliche Rente von Frauen ist niedriger als die der Männer. In der Uckermark bekommen Frauen 156 Euro weniger, in München 548 Euro und in Bottrop mehr als 900 Euro.
Dass die gesetzlichen Alterseinkünfte von Frauen so viel geringer sind, liegt am Karriereweg. Denn: Personen, die lange und viel in die Rentenkasse einzahlen, bekommen eine hohe Rente. Wer aber nur wenige Jahre oder nur geringe Beiträge entrichtet hat, erwirbt nur einen niedrigen Rentenanspruch. Dieses Prinzip trifft in Deutschland insbesondere Frauen – aus verschiedenen Gründen.
Warum die Rentenlücke größer ist als der Gender-Pay-Gap und wo sie am größten ausfällt, zeigt das Handelsblatt anhand von Daten und Grafiken.
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Nutsgefährdet
Die Zahl der armutsgefährdeten Rentner in Deutschland hat im vergangenen Jahr einen neuen Rekord erreicht. Dem Statistischen Bundesamt zufolge gelten gut 3,5 Millionen Menschen über 65 als armutsgefährdet. Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat. In Deutschland liegt diese Grenze bei rund 1.380 Euro.
Altersarmut ist auch deshalb so problematisch, weil Personen im Alter kaum Möglichkeiten haben, wieder aus dieser rauszukommen.
Vor allem Frauen sind in der Altersgruppe über 65 Jahren stark betroffen: Jede fünfte Rentnerin galt 2023 als armutsgefährdet. Bei Männern waren es dagegen „nur“ rund 16 Prozent.
Die wichtigste Einkommensquelle der meisten Rentnerinnen und Rentner ist die gesetzliche Rente. Sie macht im Schnitt etwas mehr als die Hälfte des gesamten Alterseinkommens aus.
Zwar stiegen in den letzten Jahren die durchschnittlichen Zahlbeträge aller gesetzlichen Altersrenten – sogar schneller als die Verbraucherpreise –, es blieb aber bei einer Rentenlücke zwischen Frauen und Männern, dem sogenannten Gender-Pension-Gap.
Der Begriff wird teilweise auch auf die Lücke des gesamten Alterseinkommens, inklusive privater und betrieblicher Vorsorge und anderer Einkünfte, bezogen, etwa vom Statistischen Bundesamt. Das veröffentlicht zwei Zahlen zum Gender-Pension-Gap: einmal mit Einbezug der Hinterbliebenenrenten/-pensionen (27,1 Prozent) und einmal ohne (39,4 Prozent).
Der Gender-Pension-Gap bei den gesetzlichen Renten wurde zuletzt prozentual etwas kleiner, blieb seit 2010 in absoluten Zahlen aber beinahe konstant. So erhielten Männer in Deutschland 2023 im Schnitt 1.431 Euro Altersrente im Monat, Frauen durchschnittlich gerade einmal 930 Euro: 35 Prozent weniger.
Besonders hohe Renten über 1.950 Euro bekamen fast 20 Prozent der Männer, aber weniger als drei Prozent der Frauen. Jede fünfte Rentnerin bekam weniger als 450 Euro Altersrente.
Ein kleine Rente bedeutet nicht direkt, dass eine Person armutsgefährdet ist. Denn Armut wird auf Haushaltsebene gemessen, es fließt also auch Einkommen einer möglichen Partnerin oder eines Partners mit ein. Bei Frauen mit einem männlichen Partner werden so häufig geringe eigene Alterseinkünfte kompensiert.
Sie erhöht aber einerseits die Wahrscheinlichkeit von Armut und schwächt andererseits die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen im Ruhestand.
Rentenlücke im Osten niedriger
Die Ungleichheit der Geschlechter ist regional äußerst unterschiedlich: Während Frauen im Westen durchschnittlich 586 Euro weniger ausgezahlt bekamen als Männer, waren es im Osten nur 200 Euro weniger.
Im Süden sind es vor allem die kreisfreien Großstädte, die einen geringeren Gender-Pension-Gap aufweisen als die umliegenden Kreise. Besonders deutlich wird das an der Stadt München, wo die Lücke 314 Euro beträgt. Im angrenzenden Landkreis München sind es dagegen 548 Euro.
Im Saarland erreicht der Gender-Pension-Gap über 800 Euro, im Ruhrgebiet sogar bis zu über 900 Euro. In der VW-Heimat Wolfsburg sind es immerhin 776 Euro.
Die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen liegen deutlich darunter.
Frauen werden schlechter bezahlt und leisten mehr unbezahlte Sorgearbeit
Dass Frauen im Schnitt geringere Rentenansprüche haben, liegt zum einen an einem geringeren Verdienst, dem sogenannten Gender-Pay-Gap.
Frauen haben 2024 laut Statistischem Bundesamt in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 16 Prozent weniger verdient als Männer. Selbst bereinigt, also unter Berücksichtigung von Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien, waren es sechs Prozent.
Zum anderen gibt es große Differenzen, wie lange Männer und Frauen in die Rentenkasse eingezahlt haben. Im Bundesschnitt arbeiteten Rentner rund neun Jahre mehr.
Frauen scheiden oft länger aus der Vollzeit-Erwerbstätigkeit aus als die maximal drei Jahre, die die gesetzliche Rentenversicherung an Kindererziehungszeiten gutschreibt. Sie arbeiten danach häufiger in Teilzeit weiter. Jede zweite Angestellte in Deutschland ging 2023 einer Teilzeitbeschäftigung nach. Bei den Männern waren es nur rund 13 Prozent.
Bestimmte Familienmodelle werden sozialpolitisch befördert – etwa durch das Ehegattensplitting, die Hinterbliebenenrente und die kostenlose Mitversicherung von Ehepartnern und -partnerinnen in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zu einer gewissen Einkommensgrenze.
„Auch wenn es gesellschaftlich-strukturell bedingt ist, wird das Problem häufig individualisiert: Bei der Frage, wer im Fall von Kinderbetreuung oder Pflege zu Hause bleibt, ist es dann meistens die Person, die weniger verdient“, sagt Marlene Haupt, Professorin für Sozialwirtschaft.
Laut Statistischem Bundesamt war 2024 nur bei rund zehn Prozent der heterosexuellen Paare die Frau die Haupteinkommensperson, in 56 Prozent der Mann.
Bei den Personen ab 18 Jahren leisten Frauen außerdem 44 Prozent, rund neun Stunden, mehr unbezahlte Arbeit pro Woche als Männer. Darunter fallen unter anderem Kindererziehung, die Pflege von Angehörigen, Hausarbeit und Ehrenamt. Für Frauen ergeben sich dadurch wirtschaftliche Nachteile hinsichtlich ihrer Bezahlung, ihrer Karrierechancen, ihrer finanziellen Unabhängigkeit und letztlich auch ihrer Altersvorsorge.
Bessere Kinderbetreuung im Osten
Die Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen während der Karriere schlagen sich dann im Ruhestand kumuliert nieder. Deshalb ist der Gender-Pension-Gap größer als der Gender-Pay-Gap.
Im Osten fällt diese Lücke viel kleiner aus, weil auch die genannten Ungleichheiten während der Erwerbstätigkeit dort ungleich geringer ausfallen: Rentnerinnen arbeiteten im Schnitt nur rund zwei Jahre weniger als Männer statt der bundesweiten neun. Der unbereinigte Verdienstabstand lag 2024 im Osten bei fünf Prozent, im Westen bei 17 Prozent.
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